Gottesdienst am Sonntag Trinitatis, 7.6.2020

Lektor Lutz Geydan, Kantor Juergen Bonn, Pfr. Till Jansen

Sie können den Gottesdienst unten lesen oder hier hören (ab 13.00 Uhr):

Eingangsliturgie
Predigt
Ausgangsliturgie

Hier finden Sie die Liturgie zum Download:

Predigt                                              

Der Gott des Friedens sei mit euch allen. Amen

Liebe Gemeinde,

am Sonntag Okuli, am 15. März, hat Pfarrerin Petra Fuhrhans uns wie immer am Ende des Gottesdienstes hier in der Markuskirche, den Segen zugesprochen. Den aaronitischen Segen, der heute unser Predigttext ist.

Wir haben diese vertrauten Worte gehört und mit in die neue Woche genommen. Jede und jeder für sich, auf die eigene Art, in eigenen Gedanken.

Ich komme noch darauf zurück, aus welchem Grund ich gerade den Sonntag Okuli erwähne, zunächst lese ich uns aber den Predigttext einmal vor, und zwar aus der Tora-Übersetzung von Moses Mendelssohn.

Da heißt es:

Der Ewige redete ferner mit Mosche und sprach: rede mit Aharon und seinen Söhnen und sage Ihnen: auf folgende Weise sollt ihr die Kinder Israels segnen, mit diesen Worten sollt ihr sie anreden:

Der Ewige segne dich und behüte dich.

Der Ewige lasse sein Antlitz dir leuchten und sei dir gnädig.

Der Ewige wende sein Antlitz dir zu und gebe dir Glückseligkeit.

So sollen sie meinen Namen über die Kinder Israels aussprechen und ich werde sie segnen.

Amen.

Der Ewige ist in dieser Übersetzung natürlich die Bezeichnung für Gott. Eine schöne Bezeichnung, wie ich finde. Sie lässt mich die Weisheit spüren, die wir im Gespräch mit Gott und in der Auseinandersetzung mit der Schrift zu unseren Lebzeiten wohl nur erahnen können. Ich verspüre Trost, wenn ich mich mit meinen Sorgen, Nöten, Schwierigkeiten, aber auch freudigen Ereignissen an Gott wende. Ich glaube daran, dass unser Leben geborgen ist, dass wir behütet sind in seiner ewigen Güte.

Behütet sein heißt es in der ersten Zeile des Segens. Und sie kennen das bestimmt: wenn wir uns voneinander verabschieden. In einer eMail, in einem Brief, einer SMS, oder persönlich wünschen wir uns, bleib, bleibt behütet.

Wir sprechen uns dann ganz persönlich, ganz alltäglich und ganz zugewandt Segen zu. Wir wünschen uns gegenseitig die behütende Gegenwart Gottes, die uns ummantelt und schützt, ohne uns Bewegungsfreiheit zu nehmen. Wir wünschen uns gegenseitig, vielleicht für schwierige, etwas einsame, oder stressige Momente, einen leuchtenden Blick. Eine warme, leuchtende Freundlichkeit, in der wir uns der Gnade Gottes sicher sein können.

Wir wünschen den Empfängern unserer Grüße, dass Gott sich ihnen zuwenden möge. Dass sie durch diese Zuwendung vielleicht Mut fassen, Sicherheit verspüren, etwas lebendiges entwickeln können, oder sich aber einfach nur freuen. Wir wünschen unseren Mitmenschen Begegnungen, in denen sie durch Gottes Zuwendung Geborgenheit und Glückseligkeit erfahren.

Glückseligkeit – diesen Begriff verwendet Mendelssohn in der letzten Zeile des Segens, während die meisten Übersetzungen in aller Regel den Begriff Frieden verwenden.

Der Herr hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden, übersetzt Luther.

In der Vorbereitung auf den Gottesdienst aber, in der Auseinandersetzung mit dem Aaronitischen Segen bin ich auf die Übersetzung von Moses Mendelssohn gestoßen und habe mich über den Begriff Glückseligkeit gefreut. Denn das ist das, was ich ganz persönlich verspüre, wenn mir der Segen zugesprochen wird und ich mich darüber freuen darf, dass Gottes Segen auf mich gelegt wird.

Ich will das aber keinesfalls als eine Frage verstanden wissen, welche Übersetzung nun die richtige oder beste ist. Ich halte es für richtig, dass wir uns bewusst machen, dass dieser Segen den wir uns zusprechen, in einer alten jüdischen Tradition steht. In der Tradition unserer älteren  jüdischen Schwestern und Brüder.

Aber die Übersetzung Luthers ist mir ebenso wichtig, ebenso lieb, bedeutsam und natürlich viel vertrauter. Sie gibt mir das Gefühl, dass Gottes Frieden ein heilsamer Frieden ist, dass wir die begründete Hoffnung haben können, in Gottes Geborgenheit Heilung zu erfahren.

Liebe Gemeinde, der Segen Gottes wird uns nicht nur am Ende von Gottesdiensten zugesprochen. Wir können ihn erfahren in der Begegnung mit Brüdern und Schwestern, können ihn weitergeben in Gebeten für unsere Lieben. Oder wir können ihn erleben, z.B. in der gegenseitigen Unterstützung der letzten Wochen und Monate.

Wir können uns der Zuwendung Gottes gewiss sein. Aber es braucht dafür natürlich auch unsere Bereitschaft, den geistigen Raum und die Zeit, die wir dem Alltag ganz bewusst abtrotzen müssen.

Den Segen Gottes durch Wort und Tat weiterzugeben, dazu braucht es uns. Unsere Zuwendung, unsere zupackende Hilfe, unsere Bereitschaft zuzuhören und unsere Hände zum Auflegen.

Segen zusprechen ist kein Privileg von Liturgen. Es ist Teil unseres evangelischen, schwesterlichen und brüderlichen Miteinanders.

Die Szenerie in der Gott Mose den Auftrag gab, wie das Volk Israel gesegnet werden soll, spielt am Fuß des Sinai. Sie gehört in den großen Erzählzusammenhang, der mit dem Auszug aus Ägypten begann und mit dem Einzug ins verheißene Land sein Ziel findet.

Das Volk ist zu diesem Zeitpunkt noch unterwegs. Ein großer Teil des Weges ist schon bewältigt, aber es liegt auch noch ein großes Stück Weg vor ihnen. Und Gott sagt den Israeliten für jeden Ort auf diesem Weg, für jeden Tag, jede Stunde, für jeden Schritt, bei allen Schwierigkeiten und Rückschlägen – letztlich seinen Segen zu.

Liebe Gemeinde,

ich hatte Eingangs den Sonntag Okuli erwähnt. Den Gottesdienst, den wir mit Petra Fuhrhans gefeiert haben. Es war der letzte Gottesdienst vor dem Lockdown. Wir sind am Ende des Gottesdienstes hinaus gegangen und haben uns in eine ungewisse Zukunft verabschiedet.

Und wie die Israeliten am Berg Sinai, sind auch wir noch nicht am Ende des Weges. Nicht am Ende von Corona. Nicht am Ende unserer Wege, unsere Lebenswege. Wir haben noch ein Stück vor uns und und wie schon zu allen Zeiten, kennen wir Menschen den Weg und die vor uns liegenden Aufgaben nicht so genau.

Und als wir dann in die neue Woche gingen, da war mir und sicherlich vielen anderen auch, mulmig zumute. Die vertrauten, schönen Gottesdienste, die uns wichtiger Bestandteil der Woche sind, waren erst mal vorbei.

Die gesellschaftliche, die wirtschaftliche Situation, all das war damals noch ungewisser als heute. Die gesundheitlichen Gefahren, die Bilder aus Italien, die Sorge um nahestehende Menschen, all das war im März noch präsenter als heute, wo schon ein Teil der Strecke hinter uns liegt.

Aber, wenn ich mich umdrehe und den Teil der Strecke sehe den wir bislang gegangen sind, dann ist da auch – Segen.

Dann ist da auch die Erfahrung, aus einem ewig beschleunigten und entfremdenden Alltag entwichen zu sein. Die Erfahrung gegenseitigen Trostes, gegenseitiger Hilfe, bewusster Zuwendung und Unterstützung. Und da ist die deutliche Schärfung für Probleme, die auch ohne Corona dringlichst angegangen werden müssen.

Wie war es in den Gemeinden in den letzten Wochen? Wie war es in den Kirchen, wie haben wir unseren Glauben gelebt?

In unseren Gemeinden haben sich vielerorts Menschen gefunden, die Unterstützung geleistet und organisiert haben. Hoffnungsleinen, Nachbarschaftshilfe, gegenseitige Telefonanrufe und vieles mehr. Gemeinde war füreinander da.

Es gab auch weiter Gottesdienste oder Andachten. Manche als Video, manche als Tonspur, manche in Papierform. Ich habe einen Pfarrer erlebt, der mit dem Moped und einer Trompete über Land gefahren ist, um den Menschen ein wenig Musik, ein wenig Andacht und Segen zu bringen.

Hier in der Markusgemeinde gab und gibt es viele Aktionen, die wie die Fahnen zu Ostern sichtbar waren, die wie die zu Papier gebrachten Andachten hier vor der Kirche Hoffnung schenkten, oder die wie die Einkaufshilfen praktische Hilfestellung leisten.

Die Kirche, unsere Gemeinden haben sich bewegt in den letzten Wochen. Kirche musste sich in der Coronazeit neu orientieren. Die Frage, welche Bedeutung wir in der Gesellschaft haben, hat sich noch mal neu gestellt und wird sich weiter stellen.

Die bisherige Zeit in der Pandemie hat uns auch aufgezeigt, dass wir einige der jetzt eingeschlagenen, neuen Wege weitergehen sollten. Die Gottesdienste sind uns unverzichtbar und wichtig. Aber sie sind nicht der einzige Ort, nicht die einzige Möglichkeit, das Evangelium zu verkündigen und christliche, liebevolle Solidarität und Nächstenliebe zu leben.

Sie sind nicht der einzige Ort Segen weiter zu geben und sie sind schon gar nicht mehr der Ort, Menschen zu erreichen, die sich sich nicht für Kirche interessieren, oder sich gar abgewandt haben.

Das wussten wir schon immer, aber die vergangenen Wochen haben unseren Blick dafür sicherlich noch einmal geschärft.

Es war einschneidend und traurig, dass unsere Kirchen wochenlang für Gottesdienste geschlossen bleiben mussten. Aber so konnten wir uns daran erinnern, dass der Kirchenraum, nie nur die gebaute Kirche ist, sondern Wir, Du und Ich selbst.

So wie wir es bei Paulus lesen: „wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist?“

Die Gottesdienste in den Kirchen sind unsere regelmäßige Kraftquelle für das Leben in Familie, Arbeit und Gesellschaft. Lasst uns darum hier zusammen Kraft schöpfen und weiter neue Wege suchen.

Gehen wir auch dorthin, wo wir uns noch nicht so sicher fühlen.

Lasst uns dort in Paulus Sinne Gott gemäß, selbstbewusst, verantwortungsvoll, liebevoll und solidarisch mit uns selbst und mit anderen umgehen. Im persönlichen Begegnungen, in Briefen, in Diakonie, oder Digital in Wort und Bild. So wie Gott die Israeliten ins verheißene Land begleitet hat, so  begleitet er auch uns.

Gottes Segen, er ist mobil. Wir haben den Auftrag ihn hinauszutragen und weiterzugeben.

Amen.

Uns der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen