Predigt von Pfarrerin Petra Fuhrhans zum Sonntag Judika, 29. März 2020

Herr gib, dass wir recht reden und hören. Amen.


Hier gibt es die Liturgie zum Nachlesen.


Liebe Gemeinde,

in der Regel halte ich mich an die vorgegebenen Predigttexte. Ich finde solche Vorgaben durchaus sinnvoll und arbeite mich gerne mal an Texten ab.

Für heute habe ich allerdings einen anderen Text gewählt. Das hat mit der aktuellen Krise zu tun und auch mit den Hoffnungsbotschaften, die es nun jeden Tag von Montag bis Samstag aus der Martinskirche gibt. Die Hoffnungsbotschaft für gestern habe ich geschrieben und gehalten. Das hat mich dazu bewogen, weiter an diesem Thema zu arbeiten und eine Predigt daraus zu machen.

Ich kann nicht mehr! Wie oft ist wohl dieser Satz in den letzten Tagen und Wochen ausgesprochen worden:

von Eltern, die ihre Kinder beschäftigen müssen,

von Schwestern und Pflegern, die keine Zeit zum Ausruhen haben,

von Menschen, die jetzt mehr als sonst arbeiten müssen,

von Angehörigen, die sich um ihre Lieben sorgen,

von Kranken, die auf Heilung hoffen,

von Kolleginnen und Kollegen, die versuchen, das Gemeindeleben auch ohne Zusammenkünfte aufrecht zu erhalten,

von Gemeindegliedern, die nicht einmal mehr einen Gottesdienst feiern können und denen die kirchlichen Veranstaltungen fehlen,

„Ich kann nicht mehr!“ Auch das Alte Testament kennt diese Klage.

So klagte der Prophet Elia im 9. Jh. vor Christus, als er einsam in der Wüste unter einem Wacholderstrauch saß.

Eben noch hatte er seinen größten Triumph gefeiert, einen großen Sieg über seine Feinde. Beim Gottesurteil am Karmel wusste er Gott an seiner Seite und hatte seine Feinde vernichtend geschlagen.

– Sie erinnern sich vielleicht an das Gottesurteil auf dem Karmel: Viele Menschen aus dem Volk Israel dienten zwei Göttern, Jahwe und Baal. Das war nicht in Jahwes Sinn, und er sandte Elia, um sie zurechtzuweisen. Sie wollten sich aber nicht entscheiden und dienten weiterhin wahlweise Baal und Jahwe. Da ließ Elia zwei Altäre bauen und zwei Stiere zum Brandopfer schlachten, und er ließ Holz für die Opfer aufschichten, und die Priester des Baal sollten ihren Gott anflehen, dass er das Feuer entzünde, und Elia wollte Jahwe anflehen, dass er das Feuer auf seinem Altar entzünde. Zusätzlich aber ließ er Wasser auf Jahwes Altar gießen. Die Zeremonie begann, und 450 Priester des Baal flehten ihren Gott vergeblich um Feuer an. Elia aber betete, und Jahwe sandte eine Feuerflamme vom Himmel und entzündete das nasse Opferholz. Da erkannte das Volk, dass Jahwe mächtiger war als Baal, und sie fielen nieder und beteten ihn an. Elia ließ daraufhin die Baalspriester festnehmen und tötete sie.

Für Elia war das ein großer Sieg.

Jetzt aber fühlte er sich elend, denn Isebel, die Königin und eine überzeugte Anhängerin des Baal, schwor, ihn zu töten und ließ ihn verfolgen. Er bekam Angst und flüchtete vor ihr und ihren Soldaten.

Verfolgt, mit dem Tode bedroht, einsam und verzweifelt saß er nun in der Wüste unter eben diesem kleinen Strauch.

So schnell kann es gehen. Eben war noch alles gut und jetzt bleibt einem nichts mehr. Kraftlos war er geworden, mutlos und elend. Am liebsten wollte er sterben. Aber das hatte Gott nicht zugelassen. Er hatte noch viel mit ihm vor. Aber das wusste Elia noch nicht. „Es ist genug, so nimm nun, HERR, meine Seele; ich bin nicht besser als meine Väter.“ So klagte er; mutlos und traurig.

Als Elia erschöpft eingeschlafen war, schickte Jahwe ihm einen Engel.

Der Engel stellte ihm ein geröstetes Brot hin und einen Krug frischen Wassers, berührte ihn sanft und befahl ihm: „Steh auf und iss!“ Mehr nicht.

Und Elia erwachte, sah das Brot und das Wasser, stand auf, aß und trank – und legte sich sogleich wieder schlafen.

Da kam der Engel zum zweiten Mal mit Brot und Wasser und einem sanften Weckruf: „Steh auf und iss, denn du hast einen langen Weg vor dir!“

Und er aß und trank und machte sich auf den Weg durch die Wüste. Und er wanderte, gestärkt von der Speise, 40 Tage und 40 Nächte alleine durch die Wüste. – Es ist für uns heute unvorstellbar, was er da durchgestanden hat, aber wir wissen, er hat es durchgestanden. Mit Gottes Hilfe! –

Liebe Gemeinde,

ich habe in den letzten Tagen viele Engel gesehen.

Engel, die Menschen versorgen, die für sie einkaufen, die für sie da sind, die Regale auffüllen, die telefonieren, die Briefe schreiben oder Homepages einrichten und vieles andere mehr.

Es sind Engel, die uns in unterschiedlicher Weise zuflüstern: „Gib nicht auf! Lass‘ dich nicht hängen! Verzweifle nicht, lebe! „Steh auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.“

Engel sind Gottes Boten, und die erscheinen mitunter in ganz menschlicher Gestalt. Sie sind mutmachend, freundlich, zugewandt, aufbauend, stärkend.

Sie helfen mit ganz einfachen Mitteln: Essen und Trinken, eine Handreichung, ein mutmachendes Wort, ein Gespräch über den Gartenzaun, eine angezündete Kerze, eine „WhatsApp“ – Botschaft.

Ich möchte Gott danken für alle diese Engel! Wir brauchen sie, um weiterzumachen. Wir brauchen sie, um unseren Weg zu gehen; auch, wenn er gerade sehr anstrengend ist.

Engel sind Boten Gottes. Er wirkt durch sie. Aber wir brauchen nicht nur die Engel, wir brauchen auch den, der sie schickt. Wir brauchen Gott, um unseren Weg zu gehen.

Gottes Wort, Gottes Stärkung sind unerlässlich gerade in Krisenzeiten, und deswegen fehlen die Gottesdienste jetzt so sehr. Gerade jetzt müsste man eigentlich miteinander beten und singen. Aber leider geht das nicht. Es wäre gar zu unvernünftig; wenn auch bitter nötig.

Wollen Sie wissen, wie es mit Elia weitergeht? Nach seinem langen Weg durch die Wüste; Sie erinnern sich – 40 Tagen und 40 Nächte –  geschieht etwas Großartiges. Elia hat eine Begegnung mit Gott. Gott zeigt sich ihm. Ganz leise, ganz vorsichtig, fast unscheinbar. Nicht im Wind, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer, sondern in einem sanften Sausen. Mir kommt es wie eine Belohnung für einen langen, mühevollen Weg vor

Eine Begegnung mit Gott haben, das können wir heute übrigens auch. Wir können Gott begegnen. Oder besser noch: Er will uns begegnen.

Gott zeigt sich auch uns; jetzt, hier und heute. Nicht mit großem Brausen oder einem heftigen Sturm, auch nicht mit Feuer. Sondern in seinem Wort, der Bibel begegnet er uns. Scheinbar unscheinbar und doch deutlich.

Elia macht eine große Gotteserfahrung, und das können wir auch.

Schauen wir also rein in dieses Buch! Nehmen wir uns dafür die Zeit! – Die meisten von uns haben davon ja im Moment genug davon.

Holen Sie sich die Bibel aus dem Regal, aus dem Bücherschrank oder gar der Kiste unterm Bett und lesen Sie!

Und ich versichere Ihnen, Gott wird Ihnen begegnen.

Lassen Sie sich ein auf eine Begegnung, die ihr Leben verändern wird.

Seien Sie gespannt, wie er sich zeigt!

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.