Predigt zum Nachlesen Gottesdienst am 1. Sonntag nach Trinitatis

Herr, gib, dass wir recht reden und hören. Amen.


Hier haben Sie die Möglichkeit, die gesamte Liturgie nachzulesen.


Liebe Gemeinde!

Es ist so was von offensichtlich, was zu tun ist. Das Notwendige liegt auf der Hand. Lazarus leidet. Er hat Hunger und so, wie es aussieht, hat er sein Leben nicht im Griff. Er verbirgt das nicht. Jeder kann ihn und sein Elend sehen, liegt er doch vor des Reichen Tür und bei reichen Menschen ist immer viel los.

Wir alle wissen was er braucht: Satt zu essen, Kleidung und jemanden, der ihm auf die Füße hilft und zeigt, wie er sein Leben in den Griff bekommen kann.

Es wäre alles ganz einfach. Der reiche Mann könnte ihm leicht helfen. Er könnte ihn baden lassen, ihm Kleidung geben, ihn zum Essen einladen und dann mal kurz überlegen, wer von seinen zahlreichen Bekannten gerade einen Arbeiter sucht. Gutes tun macht gar nicht so viel Mühe, wenn man reich ist. Er könnte es. Stattdessen sieht er zu wie die Hunde Lazarus das Leben schwermachen.

Es ist sowas von offensichtlich. Menschen ertrinken im Mittelmeer. Flüchtlinge leben unter furchtbaren Verhältnissen. Menschen verlieren im Krieg ihr zuhause Kinder verhungern. Es gibt viele Menschen, die einem leidtun sollten. Diemeisten von ihnen sind Kinder. Man braucht nur die Nachrichten zu hören oder die Zeitung zu lesen und man weiß Bescheid. Zu weit weg, denken Sie?

Auch in unserer Nähe gibt es arme Menschen. Gehen wir doch einfach mal ein paar hundert Meter weiter in die Frankfurter Straße. Da sehen wir, wenn wir hinschauen, eine Menge Elend. Oder machen wir mal einen Ausflug ins Jobcenter oder zum Lutherplatz oder in die Nordstadt.

Es ist sowas von offensichtlich, dass unsere Umwelt leidet. Man sieht es m Baumsterben, an der immer geringer werdenden Zahl der Insekten, an den Tieren in den großen Mastställen, an der Luftverschmutzung, an den schmelzenden Polen und an vielem anderen mehr. Wollen wir warten bis wir mit den Füssen im Wasser stehen. um es zu merken?

Der Reiche könnte helfen, tut es aber nicht, denn auch etwas Anderes ist offensichtlich: Wer etwas leistet, bringt es zu etwas. Man muss für sein Geld auch etwas tun. Da ist durchaus etwas dran.

Warum der Reiche reich ist, wird nicht gesagt, aber wir können davon ausgehen, dass, selbst, wenn er das Geld geerbt hat, er dafür oder damit auch arbeitet. Dass er faul ist, wird jedenfalls nicht gesagt. Nur, dass er es guthat in seinem Leben und in Freuden lebt. Wenn der Reiche nun in diesen Kategorien denkt, sieht er mit Sicherheit keine Notwendigkeit dem Armen zu helfen.

Ich könnte etwas, tue es aber nicht. Viele Menschen denken so.

„Jeder ist seines Glückes Schmied“, heißt es so schön. „Jeder ist für sich selbst verantwortlich.“ Stimmt irgendwie, hat aber zugleich auch einige Denkfehler.

„Das Leben ist nicht fair“ könnte man dem entgegensetzen. Haben wir wirklich alle die gleichen Chancen?

Dem wird sicher keiner zustimmen, höchstens der Aussage, dass jeder immerhin die Chance hat, etwas aus seinem Leben zu machen. Also nicht alle die gleiche, aber immerhin jeder eine oder zwei oder drei. Und so ist der andere schon ein bisschen selbst schuld, wenn er arm bleibt und nichts aus seinem Leben macht.

Ich könnte etwas tun, aber was soll es nützen? Schließlich kann ich ja nicht die ganze Welt retten.

Wir könnten etwas tun, finden aber immer wieder Ausreden.

„Wer sind wir schon, dass wir etwas erreichen könnten?“ „Da sollen doch erst einmal die großen Konzerne anfangen. Bei denen lohnt es sich wenigstens. Die machen schließlich die ganze Umwelt kaputt.“

Es gibt so viel Elend auf der Welt. Damit sind wir überfordert.

Das schaffen wir nicht. Und wo sollen wir anfangen? Wer entscheidet das?

Lohnt sich das, was wir tun können, überhaupt? Am Ende verzichten wieder wir und es hat keinen Sinn.

Liebe Gemeinde!

Ist es meine Pflicht, ist es unsere Pflicht, etwas zu tun? Unsere heutige Evangeliumslesung kommt da zu einer klaren Aussage. Ja! Wir sind dazu verpflichtet. Obwohl, so direkt wird das ja dann doch nicht gesagt.

Es stellt sich sozusagen erst im Nachhinein heraus. Zunächst einmal leben beide ihr Leben ungestört bis zum Ende. Da mischt sich Gott gar nicht ein, er weist den Reichen nicht zurecht und hilft dem Armen nicht auf.

Sehr zum Leidwesen mancher Menschen greift Gott nicht aktiv in das Geschehen der Geschichte oder ins Zeitgeschehen ein.

Im Gegenteil, er hält sich zurück. Gott gibt uns die Freiheit zu handeln und nimmt uns das Handel nicht aus der Hand. Leben wir so, wie er es von uns erwartet oder nicht? Wir haben die Wahl und die Verantwortung. Niemand nimmt sie uns ab.

Es kommt kein Gott der eingreift, keine Stimme von oben, kein Schicksal, das sich dreht. Erst nach dem Tod der Menschen belohnt oder bestraft sie Gott.

Es kommt auch keiner von den Toten zurück, der uns lehren könnte. Was der reiche Mann in der Geschichte sich ja wünscht.

Er ist der Meinung, dann würden seine Brüder ihr Verhalten ändern. – Wenn ich ehrlich bin, wünsche ich mir das manchmal auch, dass einer von den Toten kommt und uns sagt, wie das alles nach unserem Tod weitergehen wird.

Aber würde es das Verhalten der Menschen ändern? Für verrückt halten würden sie ihn und einsperren. –

Ich fürchte, die Menschen sind so lange unbelehrbar bis sie am eigenen Leibe erfahren, was sein wird. Abraham sieht das auch so. Sie haben Mose und die Propheten, die sollen sie hören. Wir haben die Bibel, die sollen wir hören und lesen, dann haben wir alles, was wir brauchen.

Daran sollen wir Menschen uns halten, denn in diesen Texten steht drin, dass wir uns um die Armen und Bedürftigen kümmern sollen, dass wir teilen und abgeben sollen, dass wir die Schöpfung bewahren sollen und vieles andere mehr. – Hier lohnt sich ein Blick in die Texte durchaus.-

Unser Text hat aber noch einen anderen Aspekt, den ich jetzt nicht unter den Teppich kehren will. Ihm zufolge gibt es nach dem Tod eine Art ausgleichende Gerechtigkeit. Wem es auf Erden gutging und wer die Gebote missachtet hat, der wird nach dem Tode leiden – „Das Schmorren in der Hölle“ ist ein Bild dafür – und der, der in seinem Leben gelitten hat und der nie wirklich eine Chance bekommen hat, der wird es nach seinem Tode guthaben. – „In Abrahams Schoß ruhen“ ist ein Bild dafür. –

Die Theorie der ausgleichenden Gerechtigkeit ist etwas worüber man lange und intensiv diskutieren kann. Oft genug ist sie in der Kirchengeschichte missbraucht worden, um Menschen arm zuhalten und zu unterdrücken.

Das ist sicher nicht meine Absicht. Ich will auch niemanden auf ein Leben nach dem Tod vertrösten. Ich will sie auch nicht verwende, um mich ins „Nichts-tun-müssen“ zurückzuziehen

Was mich an dieser Theorie fasziniert ist, dass es offensichtlich jemanden geben muss, der für diesen Ausgleich sorgt. Es gibt einen, dem wir Rechenschaft ablegen müssen. Dieser Eine ist Gott.

Gerade deshalb kann ich mich nicht vor dem Handeln drücken. Gott wird mich zur Rechenschaft ziehen und nachfragen, warum ich nichts getan habe.

Gerade deshalb brauche ich aber auch nicht zu verzweifeln. Er wird meinen guten Willen sehen und auch meine Grenzen wahrnehmen und respektieren.

Gerade deshalb bin ich in meinem Handeln nicht alleine. Er steht mir zur Seite und er stellt mir Menschen an die Seite, die mich unterstützen.

Gemeinsam mit anderen, mit den Schwestern und Brüdern und mit Gott können wir viel schaffen, können wir die Welt verbessern im festen Vertrauen darauf, dass wir sie nicht retten müssen, weil er sie schon gerettet hat.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.