Konfirmation vom 18. Juli 2021 zum Lesen und Hören

Hier können Sie den Konfirmationsgottesdienst mit Pfr. Till Jansen und Organist Oliver Vogeltanz anhören:

Eingangsliturgie
Predigt
Einsegnung
Ausgangsliturgie

Hier können Sie den Gottesdienst nachlesen:

Predigt

lieber Jonathan, liebe Lotta, lieber Roman und lieber Hannes liebe Konfirmationsgemeinde. 

„Wegmarke“ ist der Titel der Konfirmationsgottesdienste in diesem Jahr. 

Wegmarken: eine landschaftliche Besonderheit, die einem helfen, den Weg zu finden: Ein besonders auffälliger Stein oder Felsen, ein einzeln stehender Baum. Die sind einfach da, zufällig und bieten Orientierung. 

Wegmarken sind natürlich auch bewußt aufgestellte Schilder und Zeichen, die einen Weg markieren. 

Auf dem Gottesdienstblatt findet ihr und finden Sie Bilder, die beides veranschaulichen.

wandern

Ein Pfosten, mitten auf einer blühenden Wiese, ein Ort, der zum Verweilen einlädt, zum Rast machen und Sonne genießen. „Mitten am Tag ein Innehalten“: Ich finde Zeit tief durchzuatmen: Ein Ort, an dem man sich auf die Wiese legt, die Augen schließt und den Vögeln lauscht: Ein Ort zum Krafttanken.

Daneben gibt es ein Bild vom Israel-Trail, einem Wanderweg durch Israel, der auch durch Wüsten und sehr ungemütliche Gegenden führt.

Wegmarkierung des Israel National Trails

Habt ihr die Wegmarke entdeckt? Selbst, wenn das Bild größer ist, ist das ohne den kleinen Kringel kaum möglich. Wer hier wandert, muss etwas Mut aufbringen und Zeit und Geduld, denn der Weg ist nicht einfach zu finden. Hier steht und läuft man lange Zeit und sucht, bevor man, hoffentlich, eine Idee bekommt, wo es weitergeht. 

Und ein drittes Bild: Die Markuskirche. 

Unser Kirchturm markiert von weitem schon die Südstadt als diesen einen Stadtteil in Kassel, gut zu sehen von allen Richtungen. Aber der Kirchturm erinnert darüber hinaus natürlich auch daran, dass hier eine Gemeinde ist, ein Ort um sich zu versammeln und den Glaubensdingen nachzugehen. Das Kirchengebäude ist auch ein Symbol für die sichtbare Kirche und ihre Traditionen. Dazu gehört auch die Konfirmation – eine noch relativ fest verankerte Wegmarke auf dem Glaubensweg der Menschen in unseren Gemeinden. Auch wenn die Konfirmation nun schon bald 500 Jahre alt ist und sich in ihrer Bedeutung stark verändert hat, so ist es doch eine lohnende Wegmarke des Glaubenswegs: ein Punkt des Innehaltens und Lernens, eine Möglichkeit die eigenen Fragen loszuwerden, Kritik zu üben und den eigenen Glauben gemeinschaftlich zu feiern. 

Wir haben in den letzten Konfi-Stunden im April von der Freiwilligkeit des Glaubens gesprochen. Es hat mich begeistert, wie gut ihr über diese Frage der Freiwilligkeit nachgedacht habt. 

Und ja, ihr habt recht, dass wir in eine bestimme Familie und Gesellschaft hineingeboren werden und wir manche Vorstellungen und auch manchen Glauben aneignen, bevor wir ihn bedenken können. Und manches sitzt dann fest im Kopf und Herzen, und es ist nicht ganz einfach sich davon zu lösen. Das gilt natürlich auch für andere Dinge, die mit dem Glauben nichts zu tun haben, anders ginge es auch gar nicht. Aber freiwillig bleibt der Glaube in anderer Weise ja trotzdem: Wir haben die Freiheit, vieles in Frage zu stellen, zu überdenken, zu kritisieren und auch zu verändern. Ich weiß schon, dass Kirche oft nicht den Eindruck macht, dass das so ist – aber ich versichere euch, dass ich mit vielen Menschen in der Kirche sehr offen denken und sprechen kann und vieles ausprobieren darf, auch als Pfarrer. 

Die Konfirmation ist deshalb eine Wegmarke, weil ihr nach einer Zeit des Lernens und des Austausches mit allen Erfahrungen, die ihr mit der Gemeinde und dem Glauben gemacht habt eine Rast einlegt, zurückschaut und Atem holt. Es ist eine Wegmarke, bei der ihr feiert, dass ihr jetzt da seid, wo ihr seid, in eurem Verhältnis zu Gott und in Gottes Segen Kraft erbittet, Fantasie und Mut für das, was an Weg noch vor euch liegt. 

Wo ihr jetzt steht, das habt ihr im Unterricht formuliert, was Gott, was Jesus Christus und die Gemeinschaft der Glaubenden für euch sind und was euch daran wichtig ist. 

Gott als kreative Kraftquelle, habt ihr benannt, als etwas, das Platz im Kopf schafft für neue Denkweisen, der Freiraum zum Handeln gibt, der Sicherheit und Vertrauen. Und auch, dass man an Gott glauben kann, obwohl man nie sicher sein kann, dass es ihn gibt. 

Jesus kann niemand sein, der mit magischen Kräften Menschen beeindruckt, aber einer, der auf Menschen am Rand zugeht, der die Liebe zum Nächsten gelebt hat. 

An der Gemeinschaft ist euch wichtig, dass man Gedanken teilen kann, dass man respektvoll miteinander umgeht und sich gegenseitig akzeptiert, so wie man ist.Das waren tolle Gespräche mit euch! Dafür danke ich euch sehr. 

Für den weiteren Weg habt ihr vier euch Sprüche ausgesucht, die euch auf dem Glaubensweg weiter begleiten sollen. 

Du, Lotta, hast einen Spruch aus dem Buch der Sprüche ausgewählt im 2. Kapitel:  Weisheit zieht ein in dein Herz, Erkenntnis beglückt deine Seele. Besonnenheit wacht über dir und Einsicht behütet dich. Ein Kollege sagte kürzlich zu diesem Spruch: Das sind wirklich die großen Kaliber: Weisheit im Herzen, Erkenntnis der Seele, Besonnenheit und Einsicht, die bewahren und behüten. Ja, es sind tatsächlich die ganz großen Themen, aber als du mir diesen Spruch genannt hast, dachte ich sofort: Das passt zu dir. Du fragst nach, kritisch und wach, du bedenkst eine Äußerung auch ein zweites und drittes Mal und lässt nicht so schnell locker, du gibst dich nicht so schnell zufrieden mit einfachen Antworten und diskutierst gerne … aber nicht allein aus Freude an der Auseinandersetzung, sondern, das ist mein Eindruck, weil dir diese Fragen etwas bedeuten. Du benennst offen deine Zweifel genauso wie deine Überzeugungen. Weisheit im Herzen – das ist mehr als das bloße Wissen um etwas, es ist ein fühlendes Verhältnis zu einer Sache und Aufmerksamkeit für die anderen. Erkenntnis der Seele sucht nach den Dingen, die dem Leben Bedeutung geben und tragen. Besonnenheit und Einsicht suchen behutsam nach Wahrheit, und ertragen es auch, wenn es nicht die erhoffte bequeme Lösung ist oder wenn eigene Fehler erkannt werden. Möge dir immer wieder eine Wegmarke geschenkt sein, die dir neue Kraft und neue Impulse auch im Glauben gibt oder dein kritischer Geist zur Suche gereizt wird. Wir möchten als Gemeinde gerne dafür da sein. 

1. Johannes 3,18: Lasst uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit. Dein Spruch, Roman, drückt aus, was ich in diesem ganzen Konfirmandenkurs immer wieder erlebt habe: Ein großes Bedürfnis nach Aufrichtigkeit und Echtheit. Als wir beim Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg über Gerechtigkeit sprachen, habt ihr viele Beispiele sozialer Ungerechtigkeiten aufgezählt und bei dem Versuch, Regeln für das Zusammenleben zu finden, habt ihr nach Geboten gesucht, die für alle gleichermaßen hilfreich sind.  

An erster Stelle steht das Gemeinwohl. Man sollte jeden in der Gruppe so behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Keine Gewalt. Hilfsbereit sein. Solidarisch sein. 

Oder, wie Jesus es sagt: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst, und zwar mit der Tat und mit der Wahrheit. Möge dich und euch die Kraft dazu immer wieder neu geschenkt werden. 

Spruch: Markus 9,23: Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. Du hast gesagt, Jonathan, dass du eigentlich einen Spruch suchst, bei dem nicht immer Gott alles tut und uns zu allem befähigt, sondern, wo man auch selbst etwas sich zutraut. Alle Dinge sind möglich. Das klingt nach großen Fähigkeiten und ein wenig auch nach einem Selfmade-Man. Man weiß, was man kann, und das zeigt man auch. So habe ich dich und euch aber gar nicht erlebt. Ihr sucht nach dem, was auch sinnvoll ist und hilfreich zu tun. Wie bei den anderen Sprüchen ist auch euch die Gerechtigkeit und die Wahrheit wichtig. 

Also kommt doch so etwas wie der Glaube mit ins Spiel, auch wenn die Frage nach Gott ja wirklich keine einfache ist. Gott als Inbegriff dessen, was gerecht ist, als Summe dessen, was Sinn macht, als das Ziel, was wir anstreben und von dem wir wissen, dass wir es gar nicht fassen können, wie immer wir uns dann Gott vorstellen wollen: Mit dem Glauben daran, dass es so etwas gibt, kommen wir diesem Spruch etwas näher. 

Wer ausgerüstet ist mit Weisheit im Herzen und Erkenntnis der Seele, wer mit Tat und Wahrheit liebt, der steht auf solch einem guten Fundament, dass nichts ihm unmöglich ist. 

Ihr beide, Jonathan und Hannes, wisst, glaube ich, sehr genau, dass jemand, der so lebt, dennoch nicht alles tut, was er könnte. Vielleicht besteht seine Fähigkeit sogar besonders darin, auch Dinge zu lassen mit Rücksicht auf andere oder in dem Wissen, das nicht alles, was man kann, einem selbst auch gut tut. 

Was zu euch beiden sehr gut passt ist der fröhliche und zuversichtliche Ton dieser Aussage: Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. Da steckt eine große Portion Freiheit drin, die ihr euch bewahren möget. 

Dies alles: die Zusage für Gottes liebevolle Begeleitung in eurer Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit, die Zuversicht für das Leben, das euch geschenkt ist mit allen euren Fähigkeiten, und der damit verbundene Auftrag, dass ihr in Wahrheit und Tat liebevoll euren Nächsten zugewandt bleibt, sollt ihr heute zugesprochen bekommen bei eurer Konfirmation und im Segen Gottes.  

Amen