Predigt zum 5. Sonntag nach Trinitatis
04. Juli 2021 Markuskirche
Herr, dein Wort ist unseres Fußes Leuchte
und ein Licht auf unseren Wegen. Amen.
Liebe Gemeinde,
das Image der Kirche ist angeschlagen. Alt, verstaubt, von gestern und uninteressant. So sehen viele Menschen unsere Kirche und möchten deshalb gar nichts oder möglichst wenig damit zu tun haben.
Alt, verstaubt, von gestern und uninteressant. Manchmal sehen wir uns auch so. Kein Wunder, dass wir es nicht schaffen, junge Menschen zu begeistern. Wir sind ja gar nicht im Trend
„Bei euch ist ja nichts los. Da gehen wir doch lieber wo anders hin.“ Das können wir nicht auf uns sitzen lassen. Wir müssen das Image der Kirche aufpolieren.
Machen wir doch einen Imagefilm. Das machen seit einigen Jahren alle: Schulen, Betriebe, Universitäten, Firmen etc.
Werbung liegt voll im Trend; okay die Kirche ist schon wieder ein paar Jahre hinterher, … egal, jetzt aber schnell.
Eine Werbefirma wird beauftragt. Man ist sich schnell einig: mitreißend soll der Film sein, informativ natürlich auch und natürlich ästhetisch.
Das Werbeteam rückt an. Man trifft sich im Haus der Kirche, um die Inhalte zu besprechen.
Und da ergibt sich schon das erste Problem, was ist denn nun der wesentliche Inhalt, der transportiert werden soll? Was macht Kirche aus? Was ist ihre Botschaft? Und was soll die Botschaft des Filmes werden?
Es folgt eine intensive Diskussion. Vieles wird erwogen.
Das Wunder von Weihnachten; ein solcher Film würde das Gefühl ansprechen, die provozierenden Worte der Bergpredigt; das wäre doch etwas für die Leute, die die Welt verändern wollen, und davon gut es reichlich,
Jesu großartige Gleichnisse, hier könnten unzählige Bilder verwendet werden,
Jesu ungewöhnliche Lebensgeschichte, wahrer Mensch und wahrer Gott; Jesus ein bisschen – wie Harry Potter; Mensch und Zauberer -, hin und hergerissen zwischen beiden Welten, versöhnt sie am Ende miteinander – anders als Harry Potter – ; Ein Film mit Happy End,
Jesu unfassbarer und unvermeidbarer Tod, dramatisch, von langer Hand angebahnt, unvermeidbar. Unglaublich spannend und mitreißend.
„Ach nein“, sagen die Werbeleute „Der Tod ist nicht werbewirksam“, dann doch lieber die Auferstehung und der Eingang in eine wunderbare Ewigkeit; Bilder voller Harmonie, weiße Wolken, helles Licht, überirdisch schöne Musik.
Das Team gerät ins Schwärmen. Wer will das nicht haben?
Es gibt aber auch kritische Stimmen.
So geht es eine Weile hin und her. Es soll ja nicht zu platt sein, aber auch nicht zu anspruchsvoll. Oder doch, gerade anspruchsvoll?
„Das Wort vom Kreuz“, sagt einer aus der Runde.
„Was ist das denn?“, das Werbeteam ist ein bisschen verirrt und kann sich nicht so recht etwas darunter vorstellen. „Paulinische Theologie“, erklärt jemand, aber das hilft auch nicht weiter. Sie wissen gerade mal wer Paulus ist. – wie übrigens so viele Menschen. – Das Neue Testament wird hervorgeholt. Jemand schlägt Korinther 1.Kor. 1. auf und liest ab Vers 18
Die Weisheit der Welt ist Torheit vor Gott
18 Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren werden; uns aber, die wir selig werden, ist’s beine Gotteskraft. 19 Denn es steht geschrieben (Jesaja 29,14): »Ich will zunichte machen die Weisheit der Weisen, und den Verstand der Verständigen will ich verwerfen.« 20 Wo sind die Klugen? Wo sind die Schriftgelehrten? Wo sind die Weisen dieser Welt? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? 21 Denn weil die Welt, umgeben von der Weisheit Gottes, Gott durch ihre Weisheit nicht erkannte, gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt selig zu machen, die daran glauben. 22 Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit, 23 wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit; 24 denen aber, die berufen sind, Juden und Griechen, predigen wir Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. 25 Denn die Torheit Gottes ist weiser, als die Menschen sind, und die Schwachheit Gottes ist stärker, als die Menschen sind.
„Ja, wenn man Paulus mal fragen könnte, wie er das gemeint hat“, findet das Werbeteam. „Dann könnte man vieleicht einen guten Film daraus machen.“
Ich finde, das ist eine spannende Idee und möchte dieser Frage nachgehen.
Liebe Gemeinde,
was würde unser Team erfahren, wenn es Paulus treffen könnte?
Sie würden erfahren, was der Glaube ist, über den Paulus immer wieder schreibt.
Sie würden erfahren, was in Korinth los war.
Sie würden lernen, dass sich die Gemeinde in Korinth in verschiedene Fraktionen gespalten hat, von denen jede behauptet, etwas Besonderes zu sein, von denen jede versucht, die andere an Weisheit oder Erkenntnis zu übertreffen. „Weisheit“ ist das Stichwort. Wer also weise ist, gilt in den Augen der Korinther als herausragend.
Sie würden lernen, dass es das ist, was den Paulus so ärgert. So sehr, dass er dem seine „Narrenpredigt“ entgegen. Die Rede vom Kreuz Christi klinge in ihren Ohren wie die Rede eines Narren, behauptet er. Sie können sie nicht verstehen und sie können sie nicht erklären.
Und eine „Narrenpredigt“, das sei sie ja auch in den Ohren der Welt, gleich ob sie Juden oder Griechen seien. Ein Gekreuzigter, der der Welt Heil bringe, das könne sich kaum einer vorstellen.
Sie würden erfahren wie kompromisslos Paulus dabei ist.
Und sie würden etwas lernen über Demut. – Um das jetzt zu erklären. Das ist für Paulus folgendesmaßen: Gott ist heilig; der Mensch ein Sünder. Gott bietet ihm seine Gnade an, aber er verlangt, dass der Mensch sie auch annimmt. Dazu muss er aber erst einmal anerkennen, dass er Gnade nötig hat. – Und das wollten sie nicht hören, die Korinther.
Deshalb ist es gerade die törichte Botschaft vom Kreuz, die ihnen die Wahrheit verkündigt. Oder meinetwegen das, was sie Weisheit nennen.
Nur dass diese Weisheit ihnen wahrscheinlich nie einleuchten wird. Weil sie nämlich folgendes sagt: „All eure Leistungen und eure guten Taten zählen nichts vor Gott. Ihr könnt euch anstrengen, wie ihr wollt: Es wird euch nichts nützen. Die Rechtfertigung, die vor Gott gilt, die muss euch geschenkt werden.“
Sie würden erfahren, dass Paulus davon nicht abrücken kann. Lieber schlüpft er in das bunte Gewand eines Narren, als dass er auch nur ein Jota, einen klitzekleinen Buchstaben davon zurücknimmt.
Liebe Gemeinde,
auch wir sind Narren. Und unsere christliche Botschaft ist, von einzelnen Elementen abgesehen, die durchaus logisch und vernünftig erscheinen, aus der Perspektive der Welt betrachtet eine Narrenpredigt.
Für die Welt sind wir Narren, wenn wir behaupten, es käme nicht darauf an, ob einer reich oder arm, berühmt oder unbekannt, talentiert oder talentfrei, Vorstandschef oder Hilfsarbeiter sei, sondern nur darauf, ob er aus Gottes Gnade lebe. Bei allem Engagement dieser Welt für Minderheiten, habe ich den Eindruck, dass das Prinzip „Leistung wird belohnt“ nicht außer Kraft gesetzt worden ist. Wer sich darauf berufen würde, dass er ein schwacher Mensch ist, aber gerade deshalb von Gott angesehen ist, der würde allenfalls ein mildes Lächeln bekommen, aber keine neue Stelle.
Nicht Demut oder gar das Eingeständnis von Schwäche gelten in dieser Gesellschaft, sondern Durchsetzungsvermögen, Leistungsbereitschaft und der Wille, es den Anderen zu zeigen. Koste es, was es wolle.
Für die Welt sind wir Narren, wenn wir behaupten, man könne Fehler machen und würde trotzdem geliebt. – Schauen wir uns doch um; die Welt sieht das anders.-
So gesehen passen die Prinzipien des Paulus nicht in diese Welt und wir als Kirche auch nicht.
Seit 2000 Jahren predigen wir gegen die Regeln der Welt an; gegen ihre Regeln, gegen ihre Logik und gegen die Vernunft.
Spätestens hier würde ich übrigens aussteigen mit dem Werbefilm.
Damit werden wir die Welt nicht beeindrucken und nicht überzeugen.
Vielleicht aber gelingt es uns mit unserer Überzeugung, Menschen einzuladen, sich auf den Glauben einzulassen.
Und dazu möchte ich Mut machen. Lassen Sie uns unseren, seit 2000 Jahren bewährten, Glauben weitergeben durch Worte und Taten, durch das, was wir sagen und dadurch wie wir leben.
Glaube will gelebt werden und zwar mit anderen.
Und deshalb braucht es hin und wieder auch ein bisschen Mut. Oder wie Paulus vielleicht sagen würde: Die Bereitschaft sich einen Narren nennen zu lassen.
Manchmal ist er nicht leicht zu verstehen. Und doch könnte er recht haben.
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen
Hier finden Sie die gesamte Liturgie des Auegottesdienstes zum Nachlesen.