Gottesdienst vom 03. April 2022 zum Lesen und Hören

Hier können Sie den Gottesdienst vom 03. April 2022 mit Pfr. Till Jansen, Prädikant Lutz Geydan und Kantor Juergen Bonn anhören.

Eingangsliturgie
Predigt
Ausgangsliturgie
Feier des Abendmahls

Hier können Sie die Predigt von Pfr. Till Jansen nachlesen:

Lesung Markus 10, 35-40

35 Da gingen zu ihm Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, und sprachen zu ihm: Meister, wir wollen, dass du für uns tust, was wir dich bitten werden. 36 Er sprach zu ihnen: Was wollt ihr, dass ich für euch tue? 37 Sie sprachen zu ihm: Gib uns, dass wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deiner Herrlichkeit. 38 Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wisst nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde? 39 Sie sprachen zu ihm: Ja, das können wir. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde; 40 zu sitzen aber zu meiner Rechten oder zu meiner Linken, das zu geben steht mir nicht zu, sondern das wird denen zuteil, für die es bestimmt ist. 41 Und als das die Zehn hörten, wurden sie unwillig über Jakobus und Johannes. 42 Da rief Jesus sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. 43 Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; 44 und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein. 45 Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.

Predigt

Mein Name ist Jakobus – leider, muss ich hinzufügen. Denn sobald herauskommt, dass ich einer der zwölf Jünger Jesu war, geht die Fragerei los: „Bist du der Jakobus, der Bruder Jesu?“ „Nein, bin ich nicht“, muss ich dann ehrlicherweise antworten. „Ah, dann bist Du Jakobus, der Sohn des Zebedaios? Der Fischer, der sofort mit Jesus mitzog, nur weil er sagte: Folge mir nach? Bewundernswert! Und warst Du nicht einer der drei, die ganz nah bei Jesus im Garten Gethsemane waren kurz vor seinem Tod? Mensch, Du bist doch einer seiner ersten Leute, oder? Dass ich so einen mal treffe!“ 

Manchmal würde ich dann gern sagen: Ja, der bin ich! 

Aber das kann ich nicht. Denn Jakobus, der Sohn des Zebedaios, ist tot. Er wurde hingerichtet, von König Herodes. 

Ich habe diesen Jakobus immer sehr bewundert. Er war so geradlinig und standhaft. Uns allen war es ernst mit Jesus, sonst wären wir nicht mit ihm gegangen. Aber dieser Jakobus und auch sein Bruder Johannes waren irgendwie feuriger und noch ungeduldiger bei der Sache. 

Manchmal fast so, dass es genervt hat. Nicht umsonst hatten sie den Spitznamen „Donnersöhne“. Jakobus hat sogar für seinen Glauben den Tod in Kauf genommen. Ich glaube nicht, dass ich das könnte.

Nein, ich bin Jakobus, der Sohn des Alphäus. Man nennt mich auch Jakobus den Kleinen. Eigentlich weiß niemand etwas über mich, obwohl auch ich alles verlassen habe, um Jesus nachzufolgen. Auch ich habe seine Predigten gehört, seine Taten gesehen. Auch ich bin losgezogen und habe in seinem Namen gepredigt. Aber es stimmt schon: ich bin eher zögerlich losgezogen und im Garten Gethsemane habe ich abseits sitzen müssen. Ich ärgere mich manchmal darüber, dass ich nicht in der ersten Reihe saß wie Petrus, Jakobus und Johannes. Ich saß immer in der Zweiten Reihe. Bin ich Jesus etwa weniger nachgefolgt als sie? 

Liebe Gemeinde, angenommen Sie wären Jakobus dem Kleinen begegnet und er hätte Ihnen seine Geschichte erzählt? Was hätten Sie ihm gesagt? Vielleicht: Ach Jakobus, so ist das eben, manche sind immer vorne dabei, preschen vor und geben den Ton an und andere sind stiller und fügen sich mehr ein; die übersieht man dann schnell. Mach dir nichts draus, so ist die Welt. 

Oder hätten Sie gesagt: Tja Jakobus, wenn man auch mal in der ersten Reihe sitzen will, dann muss man eben auch mal aus den Puschen kommen und was riskieren, klug sein, sich einbringen. Wer nie aufsteht und laut sagt: Hier bin ich!, wer nie zeigt, dass er was auf dem Kasten hat, der muss sich nicht wundern, wenn er hinterherhinkt. So ist die Welt eben. 

So ist die Welt. Es gibt immer ein oben und ein unten, alles wird in Reihenfolgen und Rangfolgen gebracht, in die man sich wohl oder übel einreihen muss. In jeder Gruppe muss man ersteinmal seinen Platz finden. In der Schule gibt es Mitschüler und Cliquen, die angesehener sind als andere und oft weiß man gar nicht warum wer zu den Angesagten gehört und warum andere nicht. 

Besonders anschaulich werden solche offenen und versteckten Rangfolgen bei Sitzordnungen bei Feiern. 

Gar nicht so leicht, für jeden den richtigen Platz zu finden. Wenn man als Jugendlicher beim Familienfest an den Kindertisch gesetzt wird, ist das nicht gerade launefördernd. Wer als beste Freundin der Braut beim Hochzeitsessen einen Stehplatz im letzten Winkel erhält, fühlt sich auch nicht sonderlich angemessen behandelt. 

Wo man sitzt, zeigt, wer man ist. 

Gibt es so etwas bei Gott auch? Eine Sitzordnung Gottes? 

Die beiden Brüder Jakobus und Johannes wollen unbedingt auf den Ehrenplätzen rechts und links neben Jesus sitzen, wenn er nach der Auferstehung als der Richter wiederkommt und sein Friedensreich beginnt. So haben wir es in der Schriftlesung gehört. Wie nervige Kinder fragen sie fordernd, fast dreist nach. 

Jesus zögert die Antwort hinaus: Ihr wißt nicht, was ihr bittetKönnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde? 

Was er damit meint, haben Jakobus und Johannes sogar gewusst. Christus hatte schon drei Mal angekündigt, dass er leiden und sterben wird, – und dass er nach drei Tagen auferstehen wird. 

Könnt ihr diesen Leidens- und Zornesbecher trinken? 

Dem selbstbewußten Ja, das können wir, widerspricht Jesus nicht. Im Gegenteil, er bestätigt es: Ja, Ihr werdet das tun, aber die Plätze zu meiner Rechten und Linken zu vergeben, steht nicht in meiner, sondern in Gottes Hand.

Eine seltsame Art, auf die Frage der beiden Jünger zu antworten. Man könnte meinen, Jesu „pädagogische Taktik“ ginge nicht auf. Wer A sagt, muss auch B sagen, könnt ihr das? Vielleicht lassen die Jünger ja von ihrem Wunsch von sich aus ab, wenn sie hören, was er für sie bedeutet? 

Das tun sie aber nicht. 

Und die letzte Antwort Jesu, es liege nicht in seiner Hand, das zu entscheiden, verwundert erst recht: Jesus Christus ist doch der Richter, der widerkommen wird. Er ist doch Gottes Sohn, er kann und wird es entscheiden!

Liebe Gemeinde, die Antwort Jesu ist keine Antwort, sondern die Verweigerung einer Antwort. Und die Frage nach der Bereitschaft, für Jesus Leid auf sich zu nehmen, zeigt nicht den Weg auf, wie man auf die Ehrenplätze an Jesu Seite gelangen kann. Vielmehr wird klar, dass sogar die Bereitschaft für den Glauben zu sterben, keinen Anspruch auf einen Ehrenplatz im Himmel sichert.

Weil die anderen Jünger verärgert sind, dass sich die Zebedäussöhne Sonderplätze sichern wollen, erklärt Jesus es allen noch einmal genauer, und diese Worte klingen in unseren Ohren beinahe drängend aktuell: 

Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. 43 Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; 44 und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein. 45 Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.

Die Jünger wissen, wie die Welt funktioniert. Daran hat sich bis heute im Grundsatz nichts geändert. Politiker, Lobbyisten, Militärs, Banker, Gaskonzerne, Oligarchen, Superreiche, einflussreiche Menschen bestimmen maßgeblich das Geschick einer ganzen Gesellschaft. 

Macht verleitet die, die sie haben, dafür zu sorgen, dass sie ihren Einfluss nicht verlieren. Macht steigert die Angst, sieht Bedrohungen überall,verzerrt Geschichtsbilder, lässt alte Menschen verhaften, weil sie ein Schild gegen einen Krieg hochhalten, der nicht Krieg genannt werden darf. 

Um an der Macht teilzuhaben, muss man das Spiel der Welt mitspielen. Manchmal reichen dafür wenige machtvolle Menschen, die ganze Kontinente, ja die Welt in Abgründe stoßen. Wer muss da nicht angesichts unserer Tage verzweifeln. 

Jesus entwirft ein Gegenbild: So real diese Macht in der Welt herrscht, so wenig zählt sie bei Gott. Gott spielt das bittere Spiel der Welt nicht mit. Vor ihm gelten unsere Ansprüche auf die besten Plätze nichts. Das ist für uns in unserem Sein vor Gott ein Trost und eine Hoffnung, auch wenn es uns in dieser Welt anfragt in unserer Machtlosigkeit, und Verzweiflung die wir doch überwinden wollen. Gottes Weigerung, eine Rangfolge oder einen Weg dahin aufzuzeigen, fragt uns auch an, wo wir eigentlich in der Tischordnung dieser Welt sitzen. 

So wie es in der Welt ist, so ist es bei euch nicht, sagt Jesus. 

Stimmt das? 

Wenn ihr mir nachfolgt, wenn ihr euren Nächsten dient,  dann tut es nicht in der Hoffnung, euch selbst einen besseren Platz im Himmel zu erstreiten, tut es wirklich für den anderen.

Die Jünger konnten das offensichtlich nicht: Dem anderen selbstlos zu dienen. Sie streiten sich, wer unter ihnen der Größte sei, während Jesus auf seine Vorrangstellung und Macht vezichtet und sich für sie und uns in die niedrigste Machtlosigkeit des Kreuzes begibt. 

Rechts und Links von ihm: gekreuzigte Räuber. 

Die Jünger: geflohen.

Sollen wir Jakobus dem Kleinen also vorwerfen, er habe dies alles nicht erkannt? 

Nein, diesen Vorwurf können wir ihm nicht machen. Wir sind selbst meist nicht besser als die Donnersöhne, die meinten, sie könnten ihre eigene Nachfolge über die der anderen stellen. Wir können uns nur selbst, jeder für sich fragen: Wie steht es mit meinem eigenen Dienen, mit meiner Nachfolge? Wie weit würde ich gehen? Wo sitze ich in der Tischordnung der Welt – wo spiele ich das Spiel der Macht mit – wo profitiere ich davon? 

Viele Menschen dienen ganz unauffällig und leise und erhalten dafür nicht die Anerkennung, die sie erhalten sollten, werden manchmal gar nicht gesehen. Lasst uns dankbar hinsehen, einander stärken und ermutigen. 

Über Gottes Sitzordnung sollen wir nicht streiten. Durch Christus hat Gott bereits einen Platz für uns bei sich bereitet, einen guten Platz, an dem wir am richtigen Platz sind. 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsre Herzen und Sinne in Christus Jesus. AMEN